Der Clown als Spiegel

Der 3. Raum des Lachens

Im Allgemeinen wird der Begriff Status in der Kommunikation mit Macht und Ohnmacht und mit Kontrolle und Unterwürfigkeit in Verbindung gebracht.

Im besten Fall geht es dann darum, wie man die bessere Position im Statusstreit gewinnt.

Ähnliche Verhältnisse finden wir bei den klassischen Clowns im Zirkus.

Der Weißclown als Hochstatus führt zum Vergnügen der Zuschauer den tollpatschigen August als Tiefstatus vor.

Während der August sich permanent erfolglos abmüht, so großartig zu sein wie der Hochstatus, dem alles gelingt und der alles kann, glänzt der Weißclown im eleganten Kostüm selbst dann, wenn es dem August für einen Moment gelingt durch Cleverness und Hinterhältigkeit den Hochstatus auszutricksen.

Zwar gewinnt der August als ständiger Looser die Sympathie des Publikums, aber im Grunde nimmt keiner die naiven Versuche des August wirklich ernst. Der August im Zirkus spiegelt dem Publikum auf amüsante Art und Weise, "wie es eben im Leben zugeht".

Damit wird die Basis geschaffen für all die tragisch-komischen Looser-Storys von dem, der oben ist und die Macht hat, und dem der unten ist und niemals hochkommen wird. Im Grunde eine traurige Geschichte, wo wir als Zuschauer in dem Fall noch heute darüber lachen, wie der Tollpatsch durchs Dorf getrieben wird und am Schluss zum Hohn die Narrenkrone erhält.

Aber im Statusspiel steckt viel mehr drin.

Als erstes gilt es zu verstehen, dass nicht jedes Statusangebot ein Scheiterangebot ist.

Status ist zunächst nichts anderes als ein Verhältnis von Druck und Gegendruck. Daraus entsteht ein stabiles Verhältnis, das sich gegenseitig ausbalanciert.

Dieser stabile Zustand erlaubt beiden Partnern eine extreme, exzentrische Position einzunehmen, zu der sie ohne den anderen gar nicht in der Lage wären.

Hier geht es nicht um Macht und Ohnmacht, sondern darum Leidenschaft, Dynamik und Exzentrik auszuleben.

Beide Spieler erfahren sich in einer Art und Weise, zu der sie ohne den anderen gar nicht in der Lage wären.

Nur dadurch, weil der andere den Raum und den Gegendruck hält, kann man sich im Anderssein erkennen und steigern.

 

Wenn es nicht mehr darum geht, den anderen wegzudrücken oder ins Leere laufen zu lassen findet die Begegnung in der Mitte statt, da wo man den Druck spürt und sich der Status berührt.

Statuswechsel

Beim Statuswechsel können wir spielerisch die Positionen wechseln und damit auch die Extreme und die gesamte Status-Bandbreite voll ausspielen.

In der Übertreibung können wir das Status-Prinzip bis an seinen Kipppunkt führen.

Wenn Identität und Status miteinander verschmelzen, gerät das Status-Prinzip aus der Balance.

Aus Status wird Konkurrenz, die wir im Spiel mit Humor aufdecken.

Status kann aber auch genauso in die Statik kippen.

Dann, wenn der Hoch-Status seiner Rolle schon lange nicht mehr gerecht wird und der Status eigentlich schon längst hätte wechseln müssen. Stattdessen halten beide Seiten an den alten Positionen fest, aus Angst die alte Identität loszulassen.

Hier lachen wir über das Status-Prinzip und nicht über die Protagonisten.

Duo Narr und König

Im klassichen Status Duo Narr und König zeigt sich das Wechselspiel der Gegensätze am deutlichsten.

Der Narr veralberte die Insigien der Macht und war gleichzeitig abhängig davon.

Er definierte sich über seine Antihaltung und war damit aber auch Teil des dualistischen Systems, das die Position des Monarchen stabilisierte.

Gleichzeitig konnte er im spielerischen Statuswechsel, ohne dass die Statuspositionen dadurch in Frage gestellt wurden, dem König Wahrheiten aufzeigen, wozu sich sonst keiner traute.

Der Narr durchschaute das System und brachte es auf spielerische Weise in den Fluss, wenn es gerade mal wieder irgendwo festgefahren war.

Das ist keine Looser-Story und auch der König verhält sich in diesem Spiel nicht als Unterdrücker.

Beide spielen mit ihren Positionen mit dem Ziel der Fortbewegung, Entwicklung und der Entfaltung.

Damit ein kreatives Wechselspiel entstehen kann, muss man den Status als Gleichgewicht begreifen und die Identität von Macht und Ohnmacht loslassen.

 

Die Vorstellung, dass es im clownesken Status-Duo darum gehen müsste, wie man den anderen austrickst und nur mit List und Tücke die Oberhand gewinnt, entspricht dem alten Status-Verständnis, das nur immer wieder neue Verlierer hervor bringt.

Eine Variante des Statusspiels ist der Personagewechsel

Im Personagewechsel lernen wir in den Schuhen des anderen zu gehen und spontan die andere Perspektive einzunehmen.

Mit dem Personagewechsel erfahren wir unmittelbar, wie sich das Rollenspiel durch Gegensatz formt und wie es sich anfühlt verschiedene Charaktere aufzubauen und gleich wieder zu wechseln.

Das Rollenspiel wird im 3. Raum des Lachens zu einem weiteren Spielparameter. Im Wechselspiel der Charaktere erleben wir, wie gegensätzliche Identitäten das Spiel bewegen und leidenschaftlich vorantreiben.

Das Spiel mit dem Gegensatz im Persongewechsel trainiert spielerisch Flexibilität und Perspektivenwechsel.

Stichworte

Stabilität durch Druck und Gegendruck - Identität durch Gegensatz - Flexibilität und Dynamik - Balance - Ausgleich durch Gegensätze - Dialog inspiriert durch Gegensatz - Kommunikation findet in der Mitte statt - Verankerung durch Druck - Status ist kein Konflikt - Im spielerischen Dialog entwickeln sich Selbsterfahrung und Bewusstsein durch den Gegensatz - durch den Ebenenwechsel gelingt der Perspektivenwechsel